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peak to peak - Aufstieg zum Matterhorn (7)

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► peak to peak - Aufstieg zum Matterhorn (7)

Gebetsfahne im Rucksack
Zermatt ist, wie Namche Basar in Nepal ein Ort für Bergsteiger, Extrembergsteiger und vor allem auch Touristen. Doch hier in der Schweiz gibt es, statt bettelnder Kinder, Geschäfte mit überteuerten Outdoor-Klamotten, glänzenden Schweizer Uhren und noblen Hotels. Wir ignorieren dies, wechseln nur das Medium von Ski auf steigeisenfesten Schuh und wandern ganz, ganz langsam zur Hörnlihütte auf 3200 m. Bisher sind wir aus eigener Kraft und ohne Unterstützung bis hier her gekommen. Auch jetzt meiden wir Lifte, tragen unser Wasser zum Berg, stellen das Zelt auf die kantigen Felsplatten, anstatt in der Hütte zu übernachten. Mühsam? Ja und doch auch nein, denn wir fühlen uns dadurch im Reinem mit uns und dem Berg. Wir wollen ihn nicht erobern. Schon eher haben wir vor lauter Respekt die Gebetsfahne im Rucksack.
Das Adrenalin schiesst stossweisse ins Blut
Am Vorabend unserer geplanten Matterhornbesteigung steigt die Spannung ins Unermessliche. Von der Hütte aus beobachten alle, es sind einige die morgen hoch wollen, den Berg der Berge. Das Matterhorn ist eine Ikone, das Symbol in den Alpen. Er wird studiert, er wird angebetet, auf ihn getrunken und besänftigt. Das Adrenalin schiesst stossweisse ins Blut. Die Dämmerung kommt, doch an Schlaf kann ich nicht denken. Obwohl ich etwas Ruhe dringend notwendig hätte, wache ich die halbe Nacht.
1000 € pro Person
3:45 Uhr rüttelt uns der Pole vom Nachbarzelt aus dem Schlaf. Mit, für einen Mann viel zu hoher Stimme, ruft er sicherheitshalber: "get up, time to go." In die Plastikschale rieselt die Schweizer Birchermüslimischung. Bei Tobias doppelt so viel wie bei mir - er braucht einfach mehr. Die ersten 2 Stunden des Aufstieges klettern wir im Licht unserer Stirnlampe und sind schneller als gedacht. Gestern haben wir diese 2 Stunden bereits erkundet, um uns heute nicht zu verirren. In der Morgendämmerung laufen wir auf einen Japaner mit Schweizer Bergführer auf. Wir folgen ihnen, um den Weg zu finden, aber auch um den Preis, viel zu langsam vorwärts zu kommen. Was wir vor uns sehen und hören ist beklemmend. Der Japaner jappst um sein Leben, verträgt die dünne Höhenluft noch nicht und wird zudem vom Bergführer noch beschimpft, ob seiner Angst und der Langsamkeit. Es wird uns zu viel und wir steigen vorbei. Bergsteigen ist für uns eine Konzentrationsfrage und wir sind froh eigenständig zu steigen. Ein Schweizer Bergführer fürs Horu, dem Horn der Hörner, wie auch das Matterhorn genannt wird, liegen bei rund 1000 € pro Person. Es ist eine der schwierigsten klassischen Routen der Alpen, so tönt es in Zermatt, in der Werbung um neue Kunden.
Haben wir die Götter erzürnt?
Wir erreichen guter Dinge das Solvybiwak auf exakt 4000 m. Tobi sagt, "Sind wir hier eigentlich am Matterhorn oder auf der Ebertswiese?" Bisher war die Kletterei leicht, doch nach diesem Spruch ändert sich das schlagartig. Haben wir die Götter erzürnt? Mit der nächsten Felsstufe dreht sich der Grat, unser "Weg" von der geschützten Ostwand zur Nordwand hin. Die Niederschläge der letzten Tage liegen hier als Schnee, doch viel aggressiver ist der scharfe Wind. An den Schlüsselstellen ist Stau und mir schlottern die Knie. Vor Angst, ja, aber vor allem vor Kälte. Durchhalten, Geduld und ja nicht runterschauen. Ich ramme den Eispickel in den Schnee. Unter dem losen Material treffe ich auf festes Eis. Bein nachziehen, die Zacken der Steigeisen finden Halt. Tobias ist kurz hinter mir, als ich eine Schneewächte sehe, an der es nicht mehr weitergeht. Sind wir oben? Ja wir sind es und erreichen den Schweizer Gipfel des Matterhorns mit 4478 m über NN, am 12. August 2009 um 11.30 Uhr. Vor 12 Tagen hat uns Sven Fischer am Inselsberg verabschiedet. Hinter uns liegen mittlerweile 973 km Skiroller, 14.500 Höhenmeter und diese Dickköpfigkeit von der Sven gesprochen hat. Doch jetzt geniesen wir ganz alleine den Moment. Rundherum liegen die Viertausender des Wallis, da hinten der Mt. Blanc, und südlich Italien. Stolz darauf sind wir noch nicht, dafür bleibt auf dem schmalen Gipfelgrat kein Platz mehr. Erst wer unten ist war oben!
Eiskalt läuft es uns dem Rücken herunter
Wir werfen das Seil aus und lassen uns mittels Achter am Doppelstrang ab. Weitere 49 Seillängen und 10 Stunden Abstieg stehen uns noch bevor. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Schlecht erinnern wir uns an die Aufstiegsroute, alles sieht gleich aus. "Hier waren wir doch nicht, wir müssen weiter zum Grat." "Da geht`s aber nicht weiter." 2 Tschechische Bergsteiger schliessen sich uns an. Gemeinsam versuchen wir aus dem Labyrinth heraus zu finden. Mit Einbruch der Dunkelheit erreichen wir die Hörnlihütte, an der wir 2 Sachsen, die wir überholt haben, ankündigen sollen. "Es sind noch 2 am Berg, die kommen aber bald", sagt Tobias zum Mann vor der Hütte. Dieser antwortet: "Dreh dich mal um, es fehlen noch mehr". Mit dem Blick nach hinten sehen wir unzählige Stirnlampen an der schwarzen Bergsilhouette. Eiskalt läuft es uns dem Rücken herunter, keiner von denen wird heute mehr ankommen.
Vielen Dank an alle, die an uns geglaubt haben, speziell an die Fa. SRB-Skiroller in Zella Mehlis, die uns top "Ski" präpariert hat. Zudem auch Dank an Sven Fischer und Marko Danz, die uns fachlich beraten haben und natürlich an Wibke und Smilla.
Es grüßen euch Tobias und Axel

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