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Wege zum Berg (2)

Kaukasus Bergsteigen und Radreise Axel BauerKaukasus Bergsteigen und Radreise Axel BauerKaukasus Bergsteigen und Radreise Axel BauerKaukasus Bergsteigen und Radreise Axel Bauer

Expedition Kaukasus | Vom Bergsteigen, den Menschen und der Soloradtour nach Hause


Wege zum Berg (2)

Treffpunkt Hauptpost Es faellt mir nicht leicht einen Anfang zu finden, denn die letzten Tage waren voller Eindruecke. Gerade sitze ich in der Kueche von Elena in Pjatigorsk am Rande des Kaukasus und schreibe, waehrend Tobi ihr einen Strauss Blumen kauft. Wir moechten uns fuer ihre Gastfreundschaft zu bedanken. Doch beginnen wir mit dem Anfang der Reise. Es ist der 11.Juni, wir sind mit Aeroflot ueber Moskau nach Mineralny Vody in den Kaukasus geflogen. Die schwuele Hitze drueckt, waehrend wir per Anhalter (Tobi) und ich mit dem Rad versuchen in die 35 km entfernte Stadt Pjatigorsk zu kommen. Am Treffpunkt, die Hauptpost, finden wir am Abend wieder zusammen und suchen uns einen Schlafplatz im Freien. Als wir am Morgen im Nachbarhaus Elena nach Wasser fragen, schnappt sie uns weg und wir werden mit Kaffee und einem deftigen Fruehstueck versorgt. Sie ist so herzensgut, dass wir mein Fahhrad hier lassen und nur mit den Bergsteigerrucksack los ziehen, unserem Ziel dem Elbrus entgegen.

3 Werktage
Wir sind gerade einmal wenige Stunden von zuhause weg und schon mittendrin im Reisen, im Erleben und unter den Menschen. Im Bus, dann im Kleinbus und zuletzt per Anhalter fahren wir das Baksantal hinauf, dem Ausgangspunkt fuer die Besteigung des hoechsten Berges Europas ueber die Suedroute. Terskol heisst der letzte Ort des Tales. Hier muessen wir uns endlich registrieren lassen. Wer in Russland einreisst muss sich spaetestens nach 3 Werktagen bei der Behoerde melden. Wir erfahren das heute Feiertag ist, morgen Sonntag und am Montag wir vielleicht Glueck haben koennten. Tja, so warten wir oder besser wir machen erste Erkundungsgaenge in die Berge.

Sonntagsausflug auf 3700m
Mit Turnschuhen, leichtem Gepaeck und unter brennender Sonne steigen wir in einem Seitental hinauf. Wir wollen den Elbrus endlich sehen. Vom Baksantal aus ist er nicht auszumachen, zu viele Gipfel rundherum verdecken seine Gestalt. Schnell kommen wir hoeher und sehen zu, wie der Fruehling Einzug haelt und den vielen Schnee des Winters tauen laesst. Auf 3000m beginnt jetzt die kurze Wachstumperiode und laesst Graeser und Blumen spriessen. Weiter oben steigen wir ueber sulzigen Schnee bis hinauf auf ca. 3700m zur Ledovaja Basa. Dies ist eine leider kaputte Wetterstation, von der wir aber freien Blick auf den Doppelgipfel des Elbrus haben. Und der ist gigantisch. Ein Riese aus Eis und Schnee, so blendend weiss, dass man ohne Sonnenbrille sich die Augen verblitzt. Der Berg scheint erhaben, er kommt mir vor wie ein alter Grossvater mit langen weissen Bart, der sich zurueck lehnt und auf die wuselnden Menschen blickt. Unseren Respekt hat erauf jeden Fall. Wir spueren, dass wir uns den Elbrus nur mit viel Demut naehern sollten.

Die Postfrau
Im Tal steht unser Zelt neben dem Haus der Bergrettung und ein paar Flakgeschuetzen des Militaers in einen Kieferwald. Hier gibt es zudem einen kalten Gletscherfluss zum Waschen und nette Leute zum Reden. Wir sind beeindruckt wie hilfsbereit und locker die Russen uns begegnen. Im Fernsehen laufen die ersten Spiele der Fussball WM und die ganze Welt fiebert mit. Es ist Montag und tatsaechlich hat die oertliche Post puenktlich um 9 Uhr geoeffnet. Von der jungen Frau bekommen wir ein Formular in die Hand gedrueckt und wir verstehen, dass wir von unserem Hotel eine Bestaetigung brauchen. Welches Hotel? Tobi geht zum naechst besten und laesst sich eine Reihe Stempel geben. Damit ist die Postfrau sichtlich zufrieden und sie fuellt fuer uns den Rest des Formulares aus. Ein Stein faellt uns von Herzen, haben wir uns halb schon verhaftet gesehen. Wir kaufen im kleinen Laden nebenan noch Lebensmittel fuer 3-5 Tage und stiefeln mit unseren 20 Tonnen Rucksack los.

Stahlhelm und Sonnenbrille
Gleich neben Terskol liegt Asau. Hier gibt es einen Lift, der von 2300m bis hinauf auf 3750m fuehrt. Niemand laeuft den steilen Skihang daneben hinauf. Wir schauen uns kurz an und lassen die Liftstation links liegen. Wir wissen, dass alle organisierten Touren zum Elbrus den Lift benutzen und dann am Gipfeltag sich zudem noch mit einer Pistenraupe bis auf 4700 m hoch kutschieren lassen. Die letzten 1000 Hoehenmeter darf der zahlende Kunde (Bergsteiger) dann laufen. Bei dem Gedanken daran wird mir uebel. Wir wollen nicht die Moral auf unserer Seite haben, sondern einzig den Berg by fair means, also sauber und aus eigener Kraft besteigen. Unter der Hoehensonne verbrauchen wir einiges an 45er Sonnencreme und an Schweisstropfen mangelt es auch nicht. Geschafft setzen wir den Koloss an Rucksack an der Liftstation ab, wo die Tagestouristen aussteigen. Mit Bikini und Badelatschen posieren die Russinnen, dahinter spielen uebermuetige Maenner im Schnee Volleyball und am Abgrund fotografieren Omas ihre Enkel. Die Situation ist krotesk. Im kleinen Museum nebenan sieht man Stahlhelme der deutschen Wehrmacht und heldenhafte russische Soldaten. Ich sage, dass ich Deutscher bin und lasse mir erklaeren, dass die deutschen Soldaten nach Fall von Stalingrad auch den vorher eroberten Elbrus wieder aufgegeben hatten. Die Bilder zeigen dramatische situationen und beim Blick durchs Fenster sehen ich gleichzeitig die grossen Sonnenbrillen der leichtbekleideten Frauen.

➜ auf 5642 m

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