Norwegen - Ruf des Nordens (2)
Norwegen | Klettern, Paddeln und friluftsliv in Skandinavien
► Der Telemarkkanal mit dem Kanu (2)
von Axel Bauer
Die Sonne hat sich nur versteckt! - Was kommt in Norwegen nach der Sonne? Nein, nicht noch mehr Sonne, sondern ein wunderbar kühler und erfrischender Regen. Überall im Tal stürzen gewaltige Wasserfälle von den Bergen herab, die sich zurückhaltend und bedeckt im Nebel verstecken. "Dort hinten wird`s schon heller." rufe ich den anderen zu, doch da ist dieses Wolkenloch schon wieder verschwunden. Wir stapfen durch sumpfiges und morastiges Hochland, durch kleine Birkenwälder und über Steine springend. Als Smilla`s Schuh im Schlamm stecken bleibt, ist es den einen zum Lachen und ihr eher zum Heulen zumute. Ein Stück kommen wir noch weiter, verlieren uns gedanklich in der weiten Urlandschaft, bevor uns ein Regenguss, triefend nass, wieder zum Auto gehen lässt.
Der alte Telemarkkanal - Mit der Hoffnung auf etwas mehr Sonne fahren wir anderntags weiter nach Norden zu einem Ort namens Dalen. Südlich der Hardangervidda gelegen, der größten Hochebene Europas, beginnt hier der Telemarkkanal und führt über 105 km bis zur Schärenküste am Skagerrak. Doch ein typischer Kanal, geradlinig und langweilig, ist dieser wohl gar nicht. Eher ist es eine Perlenkette aus glasklaren Seen, die lang gezogen und zwischen den Bergen eingeklemmt sind. Mit 8 mehrstufigen Schleusen wurden die Bergseen vor über 120 Jahre miteinander verbunden, um hauptsächlich Holzstämme zu flößen und Waren zu transportieren. Erst im Jahre 2006 wurde die
Flößerei eingestellt. "Dieses Mal nehme ich aber meine kleine Püppi mit." ruft Selma in die Runde. Eifrig packen unsere beiden Freunde und auch wir für circa 5 Tage Essen und Wildnisausrüstung zusammen, um mit dem Kanu den Telemakkanal zu erfahren. Nach ein paar Paddelschlägen sind wir wieder "on tour" und die Häuser von Dalen
verschwinden aus den Blickfeld. Gemächlich zieht die Landschaft an uns vorüber, Berge die bis zum Kamm bewaldet sind. Hier und da sehen wir eine einsame Hütte stehen. Außer dem glucksenden Wasser sind keinerlei fremde Geräusche oder gar Fluglärm zu hören.
Am Ende des Tages und unserer (Arm-) Kräfte erspähen wir eine ebene Fläche für 2 Zelte. Die Mädels sind voll dabei, wenn das Lager hergerichtet werden soll. Brennnessel wegschlagen, Zelt aufstellen und gemütlich einrichten, Feuerholz sammeln und fürs Abendessen vorbereiten. Am spannendsten ist aber die Gegend erkunden, Frösche finden, Höhle bauen oder Ritterkämpfe mit Stöcken austragen.
Die perfekte Welle - In diesem Rhythmus vergehen die nächsten Tage weit entfernt der Zivilisation. Ja, bis eines Nachmittages der Wind auffrischt und die Wellen auf dem See immer höher werden. "Haben ihr alle eure Schwimmwesten an?", fragt Wibke mit Blick auf mich. Jetzt wird es spannend, denn das Boot darf nicht quer zu den Wellen stehen, sonst schmeissen uns diese Ungetüme um und wir kentern. Zum Glück kommt der Wind von hinten und in 2 km sehen wir ein kleine Bucht zum Anlegen vor uns. So geben wir wirklich alles und ich versuche den Kahn auf Kurs zu halten bis wir rettenden Boden unter den Füßen haben. Als wir das Boot an Land ziehen, schwappt dann doch noch eine große Welle hinein. Jawohl! Stefan und Antje erging es ähnlich, sie sind 200 m von uns angeschwemmt worden.
Abends am Lagerfeuer, ein Brot bäckt zwischen den Steinen, erzählen wir uns schließlich die Geschichten des Tages.
Die Schleusen - Am nächsten Morgen kommen wir zur ersten Schleuse, namens Hogga. Wir packen unsere Sachen aus den Kanu und tragen alles um. Wenn die großen Dampfer, wie zum Beispiel die "Victoria" oder die "Henrik Ibsen" sich nähern, haben die Schleusenwärter alle Hände voll zu tun, um die Tore zu den Schleusenkammern zu öffnen oder zu schließen und für Kanus ist da wenig Platz. Die größte Schleuse ist Vrangfoss mit 5 Kammern und 23 m Höhenunterschied. Hier finden sich bei gutem Wetter viele Touristen ein, um die Szenerie zu beobachten. Wir tragen unser Hab und Gut fleißig an den Leuten vorbei, damit auch wir weiterfahren können. Nach 6 Schleusen und fast 100 Paddelkilometer erreichen wir Ulefoss, unserem Ende der Paddeltour. Alle sind jetzt hundemüde und trotzdem ziemlich aufgekratzt von den fesselnden Erlebnisse der letzten Tage.