Salar de Uyuni - Extreme Höhe - Radfahren in der Atacamawüste ...
Extreme Höhe - Radfahren in der Atcamawüste
► Teil 3: Weisser Horizont in der Salar de Uyuni
Uyuni
Salar de Uyuni In Südamerika kann man viele Monate mit dem Rad reisen ohne das einem die Abenteuer ausgehen. In einem staubigen Wüstenkaff in Bolivien treffe ich Thomas aus Südtirol, der bereits seit 6 Monate in die Pedale tritt. Dabei ist die Regel, je abgerissener seine Kleidung, abgefahrener seine Reifen, je ausgebleichter die Radtaschen, desto mehr Respekt wird ihm / ihr von anderen Radreisenden zu Teil. Thomas ist einer dieser Typen mit dieser Robinson Aura. Jetzt holpern wir zusammen über die staubigen Pisten. Vor uns liegt, worauf wir beide lange schon entgegenfiebern: die Salar de Uyuni, die größte Salzpfanne der Erde, auf 3653 m hoch gelegen. Andere Radfahrer schwärmen von lässig zu fahrenden und hohen Geschwindigkeiten auf der topfebenen Fläche, 25 oder gar 30 km/h sind kein Problem. Tja, wenn der stetige Gegenwind nicht wäre, hätte wir es sicher auch geschafft. Thomas erzählt mir in dieser weissen Unendlichkeit, wo in die meisten Richtungen kein Land mehr in Sicht ist (Salzfläche: Länge 140 km, Breite 110 km), dass er seit einigen Wochen original italienische Spaghetti in seinen Radtaschen hat. 500g für 7€ in Argentinien gekauft, ein wahrer Schatz, wie er erzählt. Salz für die Nudeln gibt es rundherum ja genug. Es läuft uns beiden jetzt das Wasser in den Mund zusammen, denn ich habe noch Zwiebeln, frischen Knoblauch und Gewürze, Thomas ein gutes Öl. Mitten auf der Salzfläche gibt es eine Insel mit Trinkwasser, die Isla Incahuasi. Hier dürfen Radreisende übernachten und sich in das „goldene“ Buch der Radfahrer des ersten Bewohners der Insel, Don Alfredo, eintragen. Legenden der Zunft haben sich hier schon verewigt. Ich kann euch sagen, als wir ankommen ist alles perfekt, die Jeeptouristen sind längst abgefahren, im Licht der Abendsonne köcheln die Nudeln, der Knoblauchduft umhüllt uns. Hinter uns wachsen riesige Kakteen, vor uns liegt der Sonnenuntergang. Die Zufriedenheit braucht nur wenige Zutaten.
Höchster Respekt Der nächste Tag beginnt genauso gut, jetzt schiebt uns der Wind wieder von der Salzwüste herunter und wir stehen plötzlich am nördliche Rand, wieder auf „Festland“. Doch ich denke, die Eindrücke von diesem Ort auf Erden bleiben nachhaltig eingebrannt im ewigen Gedächtnis, Schubkasten „Besonderes“.
Nördlich des Salars ist das Hauptanbaugebiet des Quinoa, einer Pflanze die nur in den kargen Höhen der Anden wächst und wichtiges Nahrungsmittel der Indios ist. Man kann sie wie Reis einsetzen und sie wird in Europa als glutenfeier Getreideersatz gehandelt. Wir sehen die Leute auf dem Feld, sie ernten gerade. Der Acker ist staubig trocken, der Boden alles andere als fett. Die Bauern erzählen uns, dass sie nur alle 4 Jahre auf der gleichen Fläche aussäen, da sonst keine Ernte zu erwarten ist. Die Menschen leben ein sehr mühsames und einfaches Leben, so viel ist klar. Von uns ernten sie höchsten Respekt.
Zurück aus der Wüste Auf steinigen Pisten geht es stetig nordwärts, immer noch in dünn besiedelten Gebiet. Um uns herum taucht mal hier und da eine Siedlung auf und wo Wasser ist, ist auch etwas Grün. Im Ort Salinas de Garci-Mendoza sehe ich seit Ewigkeiten wieder einen Baum und schaue ihn wie ein Wunder an. Händler im Ort bieten eine kleine Auswahl an Obst und Gemüse an, was uns zu Hamsterkäufen verleitet. Den Mensch zieht es halt zu dem was er nicht hat, oder?
Bis zur Hauptstrasse, also der nächsten Teerstrasse ist es nicht mehr weit. Auch sehen wir, dass an der Erschliessung dieser abgelegenen Orte viel gearbeitet wird und irgendwann in ein paar Jahren man genüsslich auf Asphalt dahin rollt. Es wird sich dadurch auch einiges verändern, schwer genug bleibt das Leben in der Höhe und im trockenen Klima allemal. Als Thomas und ich die Verbindungsstrasse La Paz - Uyuni erreichen, uns Busse, Taxis und LKW`s überholen sind wir einerseits froh über das leichtere Fahren, merken aber auch, wie erholsam ruhig wir es die ganze Zeit hatten. Ab jetzt sind wir wieder zurück, wo wir hergekommen sind, aus einer motorisierten Welt.
In den letzten Tagen der Reise hole ich (Thomas auch) mir noch einen Durchfall und ich fahre die letzten Kilometer per Bus nach La Paz, Thomas Richtung Potosi. Unsere Wege trennen sich wieder, jeder schlägt eine andere Richtung ein.
Ich kenne La Paz von verschiedenen Trips, die über 10 Jahre her sind. Die Stadt ist jetzt mehr und mehr Metropole und moderner geworden, doch hat sie nicht viel seiner Besonderheit, nämlich den Menschen, den Indios, ihren Märkten, ihrer Kleidung eingebüßt.
Die Leere Im Flugzeug nach Hause, eingeklemmt in den Sitz und mit eingeschlafenen Hintern schweifen meine Gedanken ab. Was treibt mich alleine in die Wüste? Was habe ich gesucht und was gefunden? Tiefenschärfe, Einsamkeit, keine Spuren von Menschen bis zum Horizont, viel Zeit, Monotonie, keine Ablenkung und irgendwie habe ich trotz aller Schwierigkeiten auch viel Leichtigkeit gefunden. Es ist die Leere, die so gut tut, die im krassen Gegensatz zu unserer vollgepflasterten Welt steht, wo kein Quadratmeter unbebaut sein darf, keine Zeit ungenutzt. Oder auch die Menschen in der Wüste die wohlwollend zu mir waren, die ihr Stück karges Land im Takt der Jahre bepflanzen und ruhen lassen, weil sie davon abhängig sind. Und wir? Wir argumentieren stets mit wirtschaftlichen Aspekten und Angst vor dem Verpassen des Fortschritts gegen die Leere, die Einfachheit, gegen die Natur, treiben hemmungslos Strassen, Pumpspeicherwerke und Stromtrassen in noch ungenutzte Gebiete. Werden ungenießbar, wenn das Handy kaputt ist und die tausend „friends“ aus den Netzwerken für uns nicht mehr erreichbar sind.
Deshalb die Wüste und deswegen das Fahrrad (ohne Motor).
Ende
Muchos Saludos, Axel