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Fahrradkarawane durch den wilden Kaukasus
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Radreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaFrühstück in der Röhre in Georgien Radreise GeorgienRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und SmillaRadreise Georgien mit 2 Kindern - Axel Bauer - Wibke Raßbach- Selma und Smilla

Georgien - Fahrradkarawane durch den wilden Kaukasus

Text und Fotografien von Wibke Raßbach und Axel Bauer

Von der Hauptstadt bis ans Tor von Swanetien (1)

1. Teil von der Hauptstadt bis ans Tor von Swanetien
Axel:
Träumereien Ich schließe meine Augen, rieche frischen Koriander, schmecke das klare Wasser der Berge weit im Osten. Die Ansage "…lassen sie ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt …" reißt mich wieder auf den Boden des Berliner Flughafens zurück. Morgen früh geben wir unsere 3 verpackten Fahrräder inklusive dem Tandem und einigen Packtaschen der netten Dame hinter dem Schalter, um sie hoffentlich Stunden später in einer anderen Welt wieder vom Band zu nehmen.
Georgien sieht aus der Luft heiß und trocken aus. Schaffen wir das? Ist diese Idee einer Radreise mit 2 Kindern, wobei Smilla mit ihren 10 Lebensjahren das Erste mal selbst fährt, nicht eine Schnapsidee?
Doch jede Radreise ist eine Träumerei, geboren an der Lust nach frischem Wind und dem einfachen Leben. Es ist Entdecken wie Sven Hedin und Erforschen wie Roald Amundsen.
Auch wenn unsere Idee vom Kaukasus mit dem Fahrrad viele Fragen offen lässt: wir werden es probieren!
In Tiflis gibt es, wie in jeder Hauptstadt, günstige Unterkünfte für "backpacker". Dort hängen Typen ab, die vom Bergsteigen gekommen sind oder welche die schnelle Internetverbindungen lieben oder einfach ganz Normale ohne viel Anspruch. Hier gibt`s statt Luxus Èrfahrungen aus der ganzen Reisewelt. Wir finden das "Why not" - ein eben beschriebenes Hostel, bauen hier die Räder zusammen und tauchen ein ins Großstadtleben.

Wibke:
Halle-Tblisi "Mama, das heißt Tbilisi. Sag nicht immer Tiflis - das klingt so deutsch oder wie eine Krankheit", belehrt mich Smilla und sie hat Recht. Tbilisi ist der georgische Name für Tiflis und diese Stadt ist alles andere als deutsch. Obwohl, ein bisschen erinnert sie mich an unsere Studentenzeit in Halle vor 12 Jahren. Dort lebten wir in einem unsanierten Gründerzeithaus mit Stuckdecken, Parkettfußboden aber Kohleofen und bröckelndem Putz. Hier ist es genauso: jede Menge alte, wohl mal stolze Häuser. Leider ist seit langer Zeit nichts saniert worden. Wir sind fasziniert von dem morbiden Charme der Stadt. Aber ich frage mich auch, wie es für Tbilisi weiter gehen soll. Es fehlt das Geld. Dea, eine Bekannte einer Freundin aus Leipzig, erzählt uns, dass ihr Vater (ein ehemaliger Physikprofessor der hiesigen Uni) gerade mal 180 Lari (70€) im Monat Rente bekommt. Dea hat Journalismus studiert und musste während der Unabhängigkeitsbestrebungen Georgiens Anfang der 90er nach Schweden fliehen. Sie hatte viele Demonstrationen mit gemacht und erleben müssen, wie Kollegen und Freunde umgebracht wurden.
Es ist die erste Bewährungsprobe für Smilla's Fahrradkönnen, als wir uns mit unserer kleinen Karawane durch den Großstadtverkehr zum Bahnhof durch kämpfen. Wir waren vor den aggressiven georgischen Autofahrern gewarnt worden. Aber ich muss sagen, schlimmer als in einer deutschen Stadt ist es nicht :-) Auf dem Bahngleis quetschen wir uns und unsere drei voll bepackten Räder in den ohnehin schon vollen Zug. Entschuldigend blicken wir uns um, doch keiner meckert, keiner ist genervt oder hektisch. Die alten Frauen, die mit ihren leeren Eimern wieder zurück in ihre Dörfer fahren, rücken zusammen, geben den Mädels eine Knabberei und glücklich fahren wir zusammen ins einsame Georgien.

Axel:
Villen und Ruinen Kutaisi heißt die Stadt von der wir nun wirklich los radeln. Selma sitzt mit Wibke auf dem Tandem, Smilla und ich sind Einzelfahrer. Um den Verkehr zu meiden, kritzeln wir auf der Karte eine Zig-Zacklinie aus Nebenstraßen Richtung Westen, denen wir folgen wollen, um die Bergstraße nach Swanetien zu erreichen. Und tatsächlich, die geteerten Wege und Pisten werden von wesentlich mehr Kühen, Schweinen und Pferden bevölkert, als von Autos. "Oh, schau mal hier, die kleinen süßen Ferkelchen" ruft Selma (6 Jahre) in die Runde. Die vielen Tiere begeistern die Kinder weit mehr als weltberühmte Sehenswürdigkeiten. Wir fahren durch Dörfer mit vielen kaputten Bauten der Sowjetzeit, aus denen die Birken wachsen. Was geblieben ist, sind die Wohnhäuser mit den Gemüsegärten. Viele Menschen sind nach der Unabhängigkeit wieder zum bäuerlichen Leben zurückgekehrt. Man ahnt, dass wenig Kapital vorhanden ist, Neuanschaffungen sind selten, alles wird repariert und geflickt. Doch überall wo wir auftauchen und anhalten wird uns Hilfe angeboten. Eine Ladenbesitzerin lässt uns in ihrem Garten zelten. In einer kleinen Stadt spricht uns ein Mann, der Politik in der Schweiz studiert hat an: wir können bei seiner Cousine im Haus wohnen. Es ist eine Villa mit dem Charme der guten, alten Zeit. Wohl proportionierte Räume, klare Strukturen und herrlich inspirierende Farben an den Wänden.
Da braucht es bei Smilla nicht viel Phantasie, um mit ihrer Selma die Theaterszene "Kaffeeklatsch" im Salon des Hauses einzustudieren.

Wibke
Arm oder reich oder beides? Dieses Land überrascht mich. Kaum hat sich in meinem Kopf ein bäuerliches, einfaches Georgien verfestigt, sitzen wir im Salon der besagten, herrschaftlichen Villa und philosophieren mit dem ehemaligen Politikstudenten über das alte Sowjetregime. Auch das Bild einer ‚armen' Bevölkerung gerät immer wieder ins Wanken. Die meisten Georgier sind arm an Geld, aber reich an anderen Dingen. So ist das Essen von einer solchen Qualität, dass jede Mahlzeit zum Fest wird. Die Wassermelonen und Tomaten schmecken nach Sonne. Die Landesspezialität Khachapuri (eine Art Käsefladenbrot), die gefüllten Nudeln und all die anderen Dinge, durch die wir uns Stück für Stück durch probieren, schmecken intensiv, würzig und echt. Wer ist hier arm? Die Georgier oder wir mit EU-genormtem Gemüse, deren Sorten sich im Geschmack kaum von einander unterscheiden? Mit 20 verschiedenen Joghurtsorten, die eigentlich nur nach Zucker und Aroma schmecken? Die Menschen hier sind außerdem reich an innerer Ruhe. Es gibt eine Fülle an Aufgaben auf dem Land. Der Tag beginnt früh, aber zwischendurch nehmen sich die Leute immer wieder Zeit für einen Kaffee oder Chai. Keine Hektik ist zu spüren. Auch die Art, mit der uns die Georgier begegnen, imponiert mir. Sie ist geprägt von Neugier, Offenheit und dem Wunsch uns sofort zu helfen, falls dies nötig ist.
Als wir die Bergstraße Richtung Svanetien einschlagen und es für mich und die Mädels zu heiß ist zum Weiterfahren, trampen wir. Sofort hält ein alter 1600er-Lada mit zahlreichen Kisten und 3 Passagieren an. Es ist offensichtlich, dass wir und unsere Räder dort nicht mehr hinein passen. Trotzdem überlegt der Fahrer lange, ob er nicht doch irgendwie … bis wir dankend abwinken. Das nächste Auto ist ein Transporter, der vor lauter Tomaten und Gurken nur noch sehr langsam den Anstieg hinauf tuckert. Auch hier passen wir nicht mehr hinein. Als Entschädigung bekommen wir Gemüse geschenkt. Schließlich kommen wir mit verschiedenen Autos bis nach Khaishi, dem Eingangstor Oberswanetiens.

Warum die Swanen bis vor 10 Jahren fast komplett abgeschieden von der Außenwelt lebten und ob wir es schaffen dieses Gebiet mit unseren Rädern zu erkunden, erfahrt ihr im nächsten Bericht.
Es grüßen Euch herzlich und Bergluft schnuppernd Selma, Smilla, Wibke und Axel.

 

➜ zum 2. Teil

➜___ Freundschaftsbrücke | Tbilisi, Georgien | © Axel Bauer___✖

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