Der Marokkanische Weg | Im Hohen Atlas


Marokko - Im Hohen Atlas (2)

Marokko mit Kind | Eine Reise von den Bergen zur WüsteMarokko mit Kind | Eine Reise von den Bergen zur WüsteMarokko mit Kind | Eine Reise von den Bergen zur WüsteMarokko mit Kind | Eine Reise von den Bergen zur WüsteMarokko mit Kind | Eine Reise von den Bergen zur WüsteMarokko mit Kind | Eine Reise von den Bergen zur WüsteMarokko mit Kind | Eine Reise von den Bergen zur WüsteMarokko mit Kind | Eine Reise von den Bergen zur WüsteMarokko mit Kind | Eine Reise von den Bergen zur Wüste

Marokko | Maultiertrekking mit 2 kleinen Kindern im Hohen Atlas

Im Hohen Atlas (2)

von Axel Bauer

Arabisches Mosaik… | Der Hohe Atlas trennt das aufstrebende Marokko im Norden und die Wüstensöhne der Sahara im Süden. Es ist ein steiniges und trockenes Gebirge mit einigen Gipfeln, die die 4000m Marke knacken. Dörfer schmiegen sich liebevoll an seine sonnigen Hänge, die Terrassen mit den teils grünen Feldern und den Olivenbäumen sehen aus der Entfernung wie ein arabisches Mosaik aus.
Obwohl wir einen Dreitagesmarsch hinter uns haben und einen Tag für Muse einlegen wollen, kommt mir der Gedanke den Jebel Toubkal, mit 4167m der höchste Gipfel Marokkos, im Laufstil zu besteigen. Ist ja auch so etwas wie Ruhe für den Kopf, sage ich mir. Vor 3 Jahren war ich mit Steigeisen und Eispickel bereits hier und wir hatten für genau diese Besteigung volle 2 Tage und eine Übernachtung gebraucht. Vielleicht geht es auch etwas flotter und so ziehe ich Turnschuhe statt Bergschuhe an.
Frischer Schnee… | Mit Sonnenaufgang um 8.00 Uhr laufe ich von Imlil (1740 m) aus los. In meinem Rucksack sind 2 Bananen, 1 Stück Knackwurst, 1l Wasser, Wechselshirt, sowie Jacke und Hose wenn`s kalt wird. Eigentlich wenig, aber zum Rennen schon fast wieder zuviel. Die Luft ist kristallklar und kalt. In der Nacht hat es bis in die Dörfer geschneit und so sehen die Berge himmlisch aus. Es gilt jetzt einen guten Rhythmus zu finden, nicht zu schnell anzugehen. Noch gibt es keine Spuren im frischen Schnee, was die Orientierung nicht leichter macht. Ich versuche mich immer wieder an den Weg von damals zu erinnern. Gegen 10 Uhr erreiche ich das Refugio auf 3200 m, wo man gerade aufräumt und sauber macht. Noch 1000 Höhenmeter denke ich, jetzt wird`s hart. Meine Höhenanpassung ist denkbar schlecht und so werfe ich den Rucksack unter einen grossen Stein. Jeder zusätzliche Ballast würde mich nur langsam machen. Die Knackwurst stecke ich in die rechte Hosentasche. Über Blockgelände geht es steil nach oben. Ich spüre die dünne Luft, mache grosse Schritte. Da wo die Sonne im Winter nie hinkommt schlägt mir ein eisiger Wind entgegen. Ich schaue auf das Thermometer meiner Berguhr: -14°C! Trotzdem tropft mir der Schweiß von der Stirn.
Einige Bergsteiger kommen mir entgegen, die in der Nacht aufgebrochen sind und jetzt den Abstieg fast schon geschafft haben. "Wie sind die Bedingungen oben?", frage ich einen Bergführer. Er nickt mir zu.
3800 m… | Ich versuche das Tempo zu halten, ertappe mich aber dabei, wie ich mit mir selbst rede. Ich spüre, wie mir die Höhe versucht den Willen zu nehmen. Zwei Leuten begegne ich noch, dann bin ich alleine. Der Gipfel ist in Sichtweite, die Beine wie Blei.
Irgendwann ist es geschafft und ich schaue auf die Uhr: 3 Stunden 51 Minuten ab Imlil bis auf 4167 m. Die halbe Strecke habe ich.
Dann wird es still. Ich schaue nach Süden tief in das Herz Afrikas. Sandige Farben wohin das Auge blickt. Jegliche Zeit bleibt stehen. Der Wind nimmt alle Sorgen mit. Ruhe und Zufriedenheit breitet sich in mir aus, ein schönes Gefühl.
Ich wähle einen anderen Weg für den Abstieg, steiler aber kürzer. Mit jedem Höhenmeter den ich tiefer steige wird der Geist wacher. Ich schnappe mir den Rucksack und laufe den gefühlt ewig langen Weg ins Tal. Nach der Mittagszeit, nach sechseinhalb Stunden bin ich ausgelaugt und zufrieden wieder zurück in Imlil.
Entschleunigung… | "Wann gehen wir weiter? Leihen wir wieder ein Muli aus? Darf ich reiten?" löchert mich Smilla am Abend. So fragen wir unseren Gastwirt, ob er einen Maultiertreiber kennt, der uns weitere 3 Tage durch die Berge begleitet. Und wir wären nicht in Marokko, wenn dies nicht sogleich organisiert würde.
Laksam, ein älterer aber durchaus agiler Mann stellt sich mit seinem schwarzem Maultier, welches auch im gesetzten Alter ist, am nächsten Morgen vor. Mit ihrem gutmütigen Blick haben beide gleich unser Vertrauen gefunden. Laksam läuft, im Gegensatz zu unserem ersten Maultiertreiber, die gesamte Strecke und schont seinen vierbeinigen Gefährten. Selma und Smilla sind die Reiter und fühlen sich wie stolze Ritter, die durch ihr Land ziehen.
Wieder scheint die Sonne aus einem tiefblauen Himmel. Wo sie hinkommt, durchwärmt sie alles und alle. Im Schatten bleibt es kalt und der Schnee glitzert in der trockenen Luft. Ab und zu durchqueren wir Schneepassagen, wo wir besonders wachsam sein müssen. Dann geht es wieder in endlosen Serpentinen in ein nächstes Tal oder über einen nächsten Pass hinauf. Es sind die Tage um den Jahreswechsel und die marokkanischen Kinder haben schulfrei. In Horden ziehen sie umher, stauen einen Fluss an, suchen sich irgendwo einen Hang zum Rumtollen oder machen ein kleines Lagerfeuer. Viele Bergdörfer, die wir sehen, sind nur zu Fuss zu erreichen. Die Hänge sind steil und die Gassen zwischen den Häusern felsig und eng. Auf kleinen Terrassenfeldern trotzen die Dorfbewohner der Erde ihre Ernte ab. Majestätisch thronen die Berge und bilden den Rahmen des Ganzen. Die Menschen führen ein entschleunigtes und natürliches Leben, auf das man fast neidisch werden kann.

Wir lassen uns von der autofreien Stille einwickeln, laufen Tag für Tag und lassen der Phantasie freien Lauf. "Smilla, du bist der Diener, ich der Prinz, Mama die Königin und Laksam die Wache." ruft die kleine Selma vom Thron ihres Mulis mir herab. "Und was bin ich?", frage ich sie. Wir sehen und erfinden mit den Kindern tausende Geschichten, jeder darf einmal ein König sein, bis wir Realität und Fiktion nicht mehr unterscheiden können. Marokko verzaubert uns jedes Mal von Neuem.
Wir reisen zurück nach Marrakesch, geniessen ein letztes Mal das Gewimmel eines arabischen Marktes, bevor wir das Flugzeug nach Hause nehmen.
Inshallah
Eure Abenteurer Wibke, Axel, Smilla und Selma (WASS)

 


➜___ Blick von Asni auf den Jebel Toubkal mit 4167 m | Marokko | © Axel Bauer___✖

formplusdesign | Freunde | Impressum | Startseite