Die Reifenprüfung
Auf dem Fahrrad durch ganz Patagonien. Mit kleinen Kindern. Unmöglich? Eine Thüringer Familie hat es trotzdem gewagt. Beim Tachostand von 3800 Kilometern haben wir mal nachgefragt, wie es so geht. Da waren sie gerade in Südchile. VON LARS REICHARDT (INTERVIEW) Magazin der Süddeutschen Zeitung
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Argentinien - Chile by bike...angekommen (1)
Argentinien bis Chile - Mit 2 Kindern on tour
► Teil 1: Angekommen!
Tausend kleine Dinge (A.B.) Es sind Tage wie trockener Sand zwischen den Fingern. Man kann sie nicht halten, die Stunden der Reisevorbereitung, wo doch tausende Dinge zu tuen sind. Heute das Auto abmelden, nein besser am letzten Tag. Doch dieser letzte Tag ist schon zum Bersten überfüllt. Doch da springen die Freunde ein: Der Schuhmacher am Markt in Schmalkalden übernimmt die Reparatur der Fototasche, die Großeltern sichern die Kinderbetreuung, Tobi und Marko machen die Fahrräder fertig fürs Flugzeug und schließlich fährt uns Sören im dämmernden Morgen mit dem vom Autohaus Gotha gesponserten Kleinbus zum Flughafen. Als dann auch das Tandem eingecheckt ist, fällt die Anspannung von uns ab. Der viel zu hohe Adrenalinpegel der letzten Tage beruhigt sich. Für unsere fünfjährige Smilla und der kleinen Selma - die sich mit 2 Jahren selber noch konsequent Baby nennt - beginnt jetzt das große Abenteuer.
Buenos dias Buenos Aires (W.R.) Flugzeugfliegen macht Spaß - da sind sich unsere beiden Mädels einig. Während ich mich beim Start angespannt an der Armlehne festhalte, erkunden sie sämtliche Taschen und Knöpfe der Flugzeugsitze. Als ich hoch konzentriert den Sicherheitsanweisungen der Stewardess lausche, meint Smilla voller Vorfreude, dass sie auch gerne einmal diese gelbe Rettungsrutsche ausprobieren würde. Im Landeanflug auf Rio de Janeiro sehen wir den Sonnenuntergang. Danach zieht sich unsere Reisezeit wie Kaugummi, bis wir endlich um Mitternacht in Buenos Aires landen. In einer ruhigen Ecke des Flughafens breiten wir unsere Isomatten aus und schlafen tief bis die Sonne wieder aufgeht - fünf Stunden später als in Deutschland. Leider haben wir es nicht geschafft, alle der tausend kleinen Dinge vor der Reise noch zu erledigen und so machen wir uns ohne Hoteladresse auf die Suche nach einer Unterkunft. Doch gerade solche Dinge machen eine Reise spannend: auf die Hilfe der anderen angewiesen sein, sich treiben zu lassen und das anzunehmen, was auf dem Weg für einen bereit liegt. Wir quetschen uns mit tausenden von Passanten und Autos durch die engen Straßen von Buenos Aires bis wir im ältesten Viertel San Telmo vor einem kleinen, charmanten Hostel stehen. Die Sonne scheint in den Innenhof, irgendwo übt jemand Tangomelodien auf einem Knopfakkordeon, die Saubermachfrau gibt Selma ,un beso' - ein Küsschen und wir fühlen uns am Startpunkt unserer Reise angekommen.
Melancholisch (A.B.) Buenos Aires ist Tango. Es ist die Identität mit den eleganten und aufregenden Tanz, der die Stadt pulsieren lässt. An den Ecken sind die dunklen Café`s die Tango im Namen tragen, die abgewetzten Tanzflächen und die bughölzernen Thonetstühle aus vergangen Zeiten. Aber auch die speziellen Plätze im Freien, wie die Plaza Dorrego im ältesten Bezirk der Stadt. Hier vermischen sich Einheimische und Touristen, hier wird feiner Espresso gereicht aber auch Mate gezutscht, selbstgeknüpfte Ketten und Kunsthandwerk verkauft und eben Tango getanzt. Der Mann ganz edel im schwarzen Anzug, sie im rotschwarz aufregenden Kleid. Die Musik ist melancholisch schwer, die Tänzer elegant bis in die Fußspitzen. Wir schauen von aussen in eine Welt hinein, die alle beschwingt. Smilla reicht mir die Hand und sagt: Tango!
Einpacken statt Auspacken Wir entscheiden wegen des starken Verkehrs mit dem Bus aus der Stadt zu fahren. Der Busbahnhof ist eine Drehscheibe für ganz Südamerika und über 200 Unternehmen werben um Kunden. Als ich die Tickets gekauft hatte, wurde uns klar gemacht, dass die 2 Räder und der Hänger im Karton verpackt sein müssen. Eine Firma dafür würde im Keller sitzen. In 40 Minuten ist Abfahrt, pünktlich. Wie sollen wir das schaffen? Ich denke an die Trickfilmfigur Speedy Gonzales und gebe mein Bestes. Wibke hat die kleine Selma auf dem Rücken, die sie in den Laufpassagen mit Heja Hoppa anfeuert. Smilla trägt mit, passt auf und beruhigt uns mit den Worten: "Papa, das wird schon." Eine Dreiviertelstunde später steigen wir Schweißüberströmt in den Bus.
Brief von Smilla an ihre Freundin Clara 10m hoch sind die Springbrunnen in der Stadt. Wir haben auch echte Ritterrüstungen auf dem Markt gefunden. Da war aber keiner mehr drin. Und einen Bettler auf der Strasse, als ich mit dem Papa Obst gekauft habe. Den habe ich Geld gegeben, weil er sehr, sehr arm ist. Dann hat er sich gefreut. Und wir haben Spazierstöcke mit Dolchen drinnen gesehen. Und jetzt sind wir in einen Hotel. Der Mann hat uns eingeladen. Und viele Geschichten erwarten uns. Axel schreib das jetzt!
Kammerlander (A.B.) Smilla hat recht. Ein Mann hält uns nach 7 km auf unserer vermeintlich ersten Radetappe in dem Badeort Mar del Plata (Atlantikküste) auf der Strasse an. Trotz unseres noch sehr lückenhaften Spanisch verstehen wir seine spontane Einladung in sein eigenes Hotel. In seiner Gestalt erinnert er mich an den Bergsteiger Hans Kammerlander. Wir freuen uns über seine Herzlichkeit. Schliesslich sind es die Begegnungen, die wir suchen. So haben wir gerade das Zelt gegen die weichen Hotelbetten eingetauscht und verbessern unser Spanisch mit den Gesprächen mit unserem Gönner Fernando.
Wibke und Axel mit Smilla und Selma